„Das Verhalten eines Menschen mir gegenüber sagt immer etwas über ihn aus, nie über mich. Die Art jedoch, wie ich emotional darauf reagiere, also das Gefühl, das dieses Verhalten in mir weckt, hat immer etwas mit mir zu tun und nie mit ihm.“
(Safi Nidiaye)
So funktioniert meiner Meinung nach das Spiegelgesetz. Alles, was in unserem Leben auftaucht, alle Umstände, alle Situationen und alle Menschen sind ein Spiegel für uns, weil sie uns unser Innerstes widerspiegeln. All das dient unserer Entwicklung und unserer Selbsterkenntnis – was letztendlich der tiefere Sinn des Lebens ist.
Man liest immer wieder über sehr vereinfachte Vorstellungen vom Spiegelgesetz wie z.B. „Was immer du am anderen kritisierst, trägst du in dir. Es sind deine eigenen Schatten.“
Ich verstehe das Spiegelgesetz nicht so. Ich denke, dass diese Sichtweise auf der mentalen Ebene feststeckt und die emotionale mehr oder weniger außer Acht lässt. Es geht aus meiner Sicht aber um das GEFÜHL, das eine Situation in uns auslöst, und nicht um eine mentale Analyse der äußeren Umstände.
Ich finde, das Spiegelgesetz ist einfacher verständlich, wenn man den Begriff Spiegel durch „Emotions-Spiegel“ ersetzt. Denn darum geht es – um die von der anderen Person (der Dualseele) in mir ausgelösten Emotionen und Gefühle.
Es ist nicht unbedingt so, dass ich selbst versteckte Aggressionen haben muss, nur weil mir jemand aggressiv begegnet oder dass ich ein Problem mit meiner Selbstliebe haben muss, wenn mein Partner mich mit einem Verhalten konfrontiert, das auf mangelnder Selbstliebe basiert. Es ist vielmehr das GEFÜHL, das der andere in mir auslöst durch sein Verhalten, das mir gespiegelt und deutlich gemacht wird. Und das zeigt mir, wer ich jetzt bin und wo ich jetzt gerade stehe. Es geht da wirklich nur um uns selbst und nicht um den anderen.
Jeder Mensch in unserem Leben kann uns als Spiegel dienen. Die Dualseele ist jedoch ein besonders guter Spiegel, weil sie sehr heftige und womöglich bislang verborgene, nicht ausgelebte Gefühle an die Oberfläche holen kann. Der Emotions-Spiegel ist auch ein guter Indikator für den inneren Wachstumsprozess und für die Fähigkeit, Menschen und Situationen annehmen zu können, wie sie nun mal sind.
Wann immer es schwierig wird, wenn wir getriggert werden (und die Dualseele drückt unsere Knöpfe sehr effizient) und die Emotionen sich machtvoll zu Wort melden, neigt man dazu, sich in Projektionen auf andere oder die Umstände des Lebens zu verlieren, das heißt, anderen die Schuld für das eigene Unglück oder die eigene Verletztheit zu geben (und im Extremfall eigene Schattenthemen abzuspalten, bei sich nicht zu erkennen bzw. zu verleugnen, und auf den anderen zu projizieren und gespiegelt in ihm zu sehen) – und verpasst dabei die tiefere Erkenntnis über sich selbst und bleibt damit leider in seiner Entwicklung stehen.
Die „Aufgabe“ der Dualseele als Emotions-Spiegel ist es, (wiederkehrende) Situationen zu kreieren, die bestimmte Gefühle – Gefühle des Sich-nicht-geliebt-fühlens, der Hilflosigkeit, der Wut, der Verzweiflung, der Trauer etc. – in uns zu aktivieren, unser Bewusstsein auf diese Gefühle zu lenken und uns so die Möglichkeit zu geben, die darunter liegenden Verletzungen immer mehr zu heilen. So anstrengend das auch sein mag – im Verborgenen liegt darunter ein Schatz begraben. Der der Selbsterkenntnis und der Selbstheilung.
(© Mona Dellwo, 06/2014)